Wolf-Dieter Kleinschmidt im Wochenspiegel vom 01.07.2020:
Die von der Großen Koalition geplante Senkung der Umsatzsteuersätze ab 1. Juli 2020 für ein halbes Jahr bringt gerade auch wegen ihrer Kurzfristigkeit erhebliche Probleme mit sich. Ein beachtlicher Bürokratie- und Umstellungsaufwand, der alle Unternehmen betreffen wird, muss bewältigt werden. Es ist deshalb zu erwarten, dass die notwendige IT-Anpassung von Kassensystemen, Warenwirtschaftssystemen, Buchhaltungssystemen oder Rechnungsprogrammen kaum innerhalb so kurzer Zeit fehlerfrei zu realisieren ist.
Für Verbraucher ist die Lage einfach. Sie können mit einer Senkung der Preise rechnen, auch wenn keineswegs sicher ist, dass alle Unternehmen die neuen Umsatzsteuersätze weitergeben. Im Übrigen wird mit der Senkung eine willkommene Konjunkturspritze ermöglicht, weil der Verbraucher-Konsum angekurbelt werden könnte. Ob allerdings für das Wieder-Erstarken der Konjunktur diese Maßnahme nur für ein halbes Jahr ausreichend sein dürfte, ist zweifelhaft. Sinnvoll wäre deshalb eine Verlängerung dieser Steuersatz-Änderung bis Ende 2021.
Für Unternehmer hat das Bundesfinanzministerium am 23.06.2020 einen aktualisierten Entwurf (!) des begleitenden Schreibens zur befristeten Absenkung des Umsatzsteuersatzes zum 01.07.2020 veröffentlicht. Darin wird auf 26 Seiten zu der Behandlung von Anzahlungen oder Dauerrechnungen Stellung genommen, aber auch zu der Frage von unrichtigen Steuerausweisen. Dass die Steuer mit einem falschen Prozentsatz ausgewiesen wird, dürfte mindestens im Juli nicht selten sein. Und die Differenz müsste dann an das Finanzamt abgeführt werden – angesichts der Kurzfristigkeit der Steuersenkung nun wirklich ein Unding.
Grundsätzlich: Entscheidend ist immer und ohne Ausnahme der Umsatzsteuersatz, der gilt, wenn die Leistung erbracht oder ausgeführt wird. Auf das Datum des Auftrags oder der Rechnung oder gar das Zahlungsdatum kommt es überhaupt nicht an.