Im letzten Jahr gab es wegen der Corona-Krise für viele Arbeitnehmer Kurzarbeit. Das bedeutete Einbußen bei dem Lohn und damit verbunden auch Einschränkungen im Lebensstandard. Doch damit nicht genug. Denn jetzt kommt auch noch das Finanzamt.
Wer Lohnersatzleistungen von mehr als 410 Euro erhalten hat, ist nämlich verpflichtet, für das Jahr eine Einkommensteuer-Erklärung abzugeben. Zu diesen Leistungen zählen auch Arbeitslosengeld, Krankengeld oder Elterngeld. Da wird die Grenze von 410 Euro schnell überschritten.
Dabei sind diese Lohnersatzleistungen sämtlichst steuerfrei. Hier wendet der Fiskus aber einen Trick an: da diese Leistungen jedoch als Einkommen gelten, erhöhen sie den Steuersatz für den tatsächlich bezogenen Lohn und für weitere Einkünfte. Steuerchinesisch heißt das: die Leistungen unterliegen dem Progressionsvorbehalt. Angesichts des steigenden Steuertarifs steigt der Steuersatz mit zunehmendem Einkommen. Dieser höhere Steuersatz wird dann auf das tatsächlich steuerpflichtige Einkommen angewendet. Faktisch müssen also doch Steuern auf das steuerfreie Einkommen gezahlt werden.
Mit diesem komplexen Verfahren soll eine Besteuerung nach dem Leistungsfähigkeitsprinzip sichergestellt werden. Es läge auf der Hand, dass Steuerpflichtige, die neben eigenen Einkünften noch Lohnersatzleistungen bezögen, wirtschaftlich leistungsfähiger seien als Steuerpflichtige, die gleich hohe Einkünfte ohne Lohnersatzleistungen erzielt hätten, erklärte das Bundesverfassungsgericht schon 1995 dazu und gab diesem Progressionsvorbehalt den verfassungsrechtlichen Segen.
Folge ist in den meisten Fällen, dass es bei Bezug von Kurzarbeitergeld zu Steuernachzahlungen kommt. Die Höhe hängt von den individuellen Verhältnissen ab. Das Finanzamt kennt die Höhe des Kurzarbeitergeldes bereits, weil Arbeitgeber diese mit der Lohnsteuerbescheinigung ihm elektronisch melden müssen. Das gilt auch bei Arbeitsämtern und Krankenkassen für die von ihnen ausgezahlten Lohnersatzleistungen. Es gibt also keine Möglichkeit, sich vor der Abgabe einer Steuererklärung zu „drücken“. Im Gegenteil: wird die Erklärung zu spät abgegeben, fallen für jeden Monat ohne Rücksicht auf Verschulden Verspätungszuschläge an. Letzter Abgabetermin für 2021 ist im Übrigen für Steuerpflichtige, die nicht einen Steuerberater beauftragen, am 01.08.2022, mit Steuerberater am 28.02.2023.